NVL Unipolare Depression (2022)

13 Medizinische Rehabilitation und Leistungen zur Teilhabe

Dieses Kapitel adressiert komplexe Interventionen und Angebote im Rahmen von Leistungen zur Teilhabe, die neben Angeboten zur medizinischen Rehabilitation auch die Förderung der sozialen Teilhabe und der Teilhabe am Arbeitsleben und an Bildung beinhalten. Für Empfehlungen und Evidenz zu Einzel-Interventionen siehe Kapitel 5 Behandlung bei akuter depressiver Episode bis Kapitel 9 Psychosoziale Therapien und unterstützende Maßnahmen.

13.1 Versorgungssituation in Deutschland

In Deutschland existieren umfangreiche Angebote der medizinischen Rehabilitation, der beruflichen Rehabilitation (Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, LTA), der Förderung der sozialen Teilhabe sowie weitere Unterstützungsmöglichkeiten für Menschen mit psychischen Erkrankungen (Abbildung 15).

Abbildung - weißAbbildung 15: Strukturen von Rehabilitation und Teilhabe bei psychischen Erkrankungen
Abbildung 15 - Strukturen von Rehabilitation und Teilhabe bei psychischen Erkrankungen zur Website zur Website zur Website zur Website

Die Abbildung dient der grundsätzlichen Orientierung und bietet keine vollständige Darstellung aller Angebote, Anbieter und Kostenträger.

BA Bundesagentur für Arbeit (SGB III); EH Träger der Eingliederungshilfe; GKV/PKV Gesetzliche/Private Krankenversicherung (SGB V); GPV Gesetzliche Pflegeversicherung; GRV Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI); GUV Gesetzliche Unfallversicherung; IÄ Integrationsämter (SGB IX); JH Träger der öffentlichen Jugendhilfe; SEr Träger des Sozialen Entschädigungsrechts (z. B. Kriegsopfer, Soldaten*innen)

1 Unternehmen, die im Auftrag des Inklusionsamtes z. B. ein Jobcoaching durchführen.

 Hintergrund Stellenwert und Hintergrund

Für die stationäre medizinische Rehabilitation von Patient*innen mit psychischen/psychosomatischen Störungen gab es 2016 in Deutschland 213 Fachabteilungen für Psychiatrie und Psychotherapie mit insgesamt 14 300 Betten, die jedoch zum größten Teil (10 220 Betten in 149 Fachabteilungen) für Patient*innen mit Suchterkrankungen vorgehalten wurden. Zusätzlich existierten 179 Fachabteilungen für psychotherapeutische Medizin bzw. Psychosomatik mit insgesamt 17 718 Betten; hier waren depressive Störungen die häufigste Hauptdiagnose (46%).

Zum Vergleich: In Krankenhäusern standen 2016 in Deutschland 409 Fachabteilungen für Psychiatrie und Psychotherapie (55 976 Betten) sowie 253 Fachabteilungen für Psychosomatik und Psychotherapie bzw. psychotherapeutische Medizin (10 857 Betten) zur Verfügung 31861.

In spezifischen Einrichtungen werden Leistungen der medizinischen Rehabilitation und der beruflichen Rehabilitation kombiniert. Dabei verschiebt sich im Laufe der Behandlung der Schwerpunkt von einer medizinisch-therapeutischen Behandlung (Phase I) hin zu Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (Phase II). Diese sogenannten "Phase II-Einrichtungen" gehören rechtlich zur medizinischen Rehabilitation; in Deutschland existieren sie bisher an 27 Standorten 31873.

Ein weiteres Angebot sind Einrichtungen für die Rehabilitation psychisch Kranker (RPK), die ambulant, ganztägig ambulant und/oder stationär arbeiten. Nach einer ersten Phase der medizinischen Rehabilitation kann eine weitere Phase der beruflichen Rehabilitation indiziert sein (Dauer jeweils individuell, maximal 24 Monate; www.bagrpk.de). Im Jahr 2019 gab es RPK in Deutschland an 57 Standorten (ca. 1 800 Behandlungsplätze), die aber regional sehr ungleich verteilt waren. Affektive Störungen stellten mit einem Anteil von 43% bei allen betreuten Patient*innen einen sehr häufigen Behandlungsgrund dar 31861.

 Patientenblatt Patientenmaterialien

13.2 Medizinische Rehabilitation

13.2.1 Indikationen für eine stationäre Rehabilitation

Empfehlung

Empfehlungsgrad

13-1 | neu 2022

Eine stationäre psychosomatische bzw. psychiatrische Rehabilitation soll Patient*innen mit depressiven Störungen entsprechend den in Tabelle 43 aufgeführten Indikationen und Ausschlusskriterien angeboten werden, wenn eine adäquate Akutbehandlung ggf. auch inklusive psychosozialer Therapien und/oder unterstützender Maßnahmen erfolgt ist.

Starke Empfehlung

 Tabelle Tabelle 43: Indikationen und Ausschlusskriterien für eine stationäre Rehabilitation bei depressiven Störungen

Tabelle 43: Indikationen und Ausschlusskriterien für eine stationäre Rehabilitation bei depressiven Störungen

Indikationen

  • (drohende) erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit
  • (drohender) Verlust der Fähigkeit zur selbstbestimmten und selbstständigen Lebensführung
  • (drohende) Teilhabebeeinträchtigungen

bei vorhandener Rehabilitationsfähigkeit (Motivation/Motivierbarkeit, Belastbarkeit) und positiver Rehabilitationsprognose

Ausschlusskriterien

  • akute Selbst- oder Fremdgefährdung
  • unzureichende Belastbarkeit für die Rehabilitationsbehandlung, z. B. wegen
    • ausgeprägter Selbststeuerungsunfähigkeit
    • primär substanzbezogener Abhängigkeitserkrankungen (ggf. mit Indikation für eine qualifizierte Entzugsbehandlung)
    • ausgeprägter kognitiver Einschränkungen (z. B. Demenz)
    • schwerer akuter somatischer Erkrankungen
    • ausgeprägter Psychopathologie, z. B. wahnhafte Symptomatik
RationaleRationale

Eine medizinische Rehabilitation erfolgt nicht in erster Linie diagnoseorientiert (ICD), sondern orientiert sich an psychosozialen Aspekten und den Konsequenzen der Erkrankung (bio-psycho-soziales Modell, ICF). Somit ist das Ziel rehabilitativer Maßnahmen nicht die Besserung oder Heilung der Erkrankung, sondern die Verbesserung von Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere in Familie, Arbeit und Beruf. Entsprechend besteht die Indikation für eine psychosomatische bzw. psychiatrische Rehabilitation bei depressiven Störungen dann, wenn die Teilhabe am sozialen und beruflichen Leben gefährdet oder beeinträchtigt ist und ein Verlust der selbstständigen Lebensführung droht. Die in Tabelle 43 aufgeführten Indikationen und Ausschlusskriterien konkretisieren konsensbasiert die allgemeinen sozialrechtlichen Vorgaben für Patient*innen mit depressiven Störungen.

Die Indikation für eine medizinische Rehabilitation setzt zwar eine in der Wahl der Methoden und deren Dauer adäquate Akutbehandlung voraus, was auch psychosoziale Interventionen und unterstützende Maßnahmen umfassen kann. Wie und wie lange eine Akutbehandlung erfolgt ist und/oder ob weiterhin akuter Behandlungsbedarf besteht, sind jedoch keine Kriterien im Sinne einer Rehafähigkeit oder -unfähigkeit.

 Evidenzgrundlage Evidenzbasis

Die Empfehlung und die Tabelleninhalte beruhen auf der Evidenz zu den Einzel-Interventionen sowie auf den evidenzbasierten Empfehlungen der DRV (Reha-Therapiestandards Depressive Störungen 31864, 31865); zudem wurden die sozialrechtlichen Zugangsvoraussetzungen berücksichtigt. Auf eine systematische Recherche zur medizinischen Rehabilitation als komplexe Intervention wurde verzichtet, da eine Übertragbarkeit internationaler Evidenz auf die deutsche Versorgungssituation problematisch erscheint, aber keine hochwertige Evidenz aus in Deutschland durchgeführten RCT vorliegt, auch weil deren Durchführung aus ethischen und auch rechtlichen Gründen nicht möglich ist.

 Evidenzbeschreibung Evidenzbeschreibung

Wegen der Häufigkeit depressiver Störungen als Grund für medizinische Rehabilitationen wurden von der Deutschen Rentenversicherung eigene evidenzbasierte Reha-Therapiestandards (RTS) entwickelt 31864, 31865. Auf Basis einer systematischen Recherche sind in den RTS Art und Umfang der Einzelinterventionen einer psychosomatischen Rehabilitation festgelegt. Für Evidenz zu den Einzelinterventionen siehe außerdem Kapitel 5 Behandlung bei akuter depressiver Episode bis Kapitel 9 Psychosoziale Therapien und unterstützende Maßnahmen.

Bezüglich der Wirksamkeit einer psychosomatischen Rehabilitation als Komplexintervention wurde in der 2. Auflage eine Metaanalyse von Beobachtungsstudien aus den Jahren 1980–2004 zitiert, die speziell bei Patient*innen mit depressiven Störungen hohe Prä-Post-Effekte bei Entlassung (d = 0,84; N = 8) ergab, insbesondere bei Einschränkung auf depressionsspezifische Endpunkte (d = 10,7; N = 7). Etwa 12 Monate nach Entlassung waren die Effekte im Vergleich zum Beginn der Rehabilitation noch moderat bis hoch (d = 0,67; N = 5; depressionsspezifische Endpunkte d = 0,76; N = 3) 31863. Jüngere, selektiv eingebrachte Studien fanden ähnlich hohe Effektstärken 31869, 31871. Eine Analyse von Effektmoderatoren bei stationärer psychosomatischer Rehabilitation in Deutschland (n = 440) ergab Hinweise, dass Frauen sowie Patient*innen mit einer ambulanten psychotherapeutischen Vorbehandlung stärker von der Rehabilitation profitieren könnten, während das Alter und eine länger als 6 Monate andauernde Arbeitsunfähigkeit vor Reha-Beginn keinen Einfluss auf das Behandlungsergebnis zu haben schien 31866. In einer anderen Studie aus dem deutschen Kontext (n = 307) waren eine skeptische Einstellung, geringe schulische Bildung sowie lange Arbeitsunfähigkeitszeiten vor Beginn der Rehabilitation negativ prädiktiv für den Erfolg einer stationären psychosomatischen Rehabilitation 31867. Die Aussagekraft bezüglich der Effekte und der Moderatoren ist aufgrund der kleinen Stichproben und vor allem wegen der fehlenden Vergleichsgruppen jedoch sehr niedrig.

 Überlegungen Erwägungen, die die Empfehlung begründen

Gemäß SGB IX ist eine Indikation für eine stationäre oder ganztägig ambulante Rehabilitationsbehandlung v. a. dann gegeben, wenn die Therapieziele in der Festigung von Behandlungserfolgen, der Behandlung von Krankheitsfolgen, der Verbesserung des Umgangs mit der (chronischen bzw. chronifizierten) Erkrankung oder der Verbesserung oder Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit bestehen. Die wichtigsten Voraussetzungen für die Bewilligung einer stationären bzw. ganztägig ambulanten Reha-Maßnahme sind der nachgewiesene Reha-Bedarf (erheblich gefährdete oder bereits geminderte Erwerbsfähigkeit), eine vorhandene Reha-Fähigkeit, erreicht durch eine adäquate Akutbehandlung (ambulant, tagesklinisch oder stationär), sowie eine positive Reha-Prognose.

Insbesondere nach einer längeren Arbeitsunfähigkeit ist die Hürde für den Wiedereinstieg in den Beruf hoch, auch weil eine geordnete Tagesstruktur verloren gegangen ist. Zudem ziehen sich viele Patient*innen mit depressiven Störungen sozial zurück und entwickeln eine ausgeprägte Antriebsstörung, die ihr selbstständiges Leben bedroht. Eine medizinische Rehabilitation kann dazu beitragen, diesen Patient*innen Struktur und Antrieb zurückzugeben.

Andere Patient*innen lehnen infolge eines mangelnden Selbstschutzes oder einer pathologischen Leistungsmotivation eine Arbeitsunfähigkeit strikt ab. Hier besteht die Gefahr einer Dekompensation bis hin zu Suizidalität. Auch bei diesen Patient*innen kann eine medizinische Rehabilitation hilfreich sein.

Als Vorsorgungsproblem benennt die Leitliniengruppe die medizinische Rehabilitation von Patient*innen > 65 Jahren. Die Rentenversicherung ist nach Beginn der Altersrente nicht mehr zuständig, aber Krankenkassen-Rehabilitationen sind selten. Eine Fokussierung der medizinischen Rehabilitation auf Patient*innen im Erwerbsalter widerspricht jedoch der Prämisse der Teilhabeverbesserung, da sich diese nicht nur auf das Erwerbs-, sondern auch auf das gesellschaftliche Leben bezieht. Hinzu kommt, dass die Patient*innen teils geriatrischen Reha-Kliniken zugewiesen werden, die aber keine gezielte Behandlung depressiver Störungen anbieten.

 Kapitel Elemente der medizinischen Rehabilitation und Abgrenzung von der Akutbehandlung

Für Patient*innen mit psychischen Störungen kommt prinzipiell sowohl die Behandlung in einer Fachabteilung für Psychiatrie und Psychotherapie als auch in einer Fachabteilung für psychotherapeutische Medizin bzw. Psychosomatik infrage. Bei depressiven Störungen liegt der Schwerpunkt auf den psychosomatischen Kliniken, wohingegen eine psychiatrische medizinische Rehabilitation vor allem dann gewählt wird, wenn eine Suchterkrankung im Vordergrund steht.

In stationären Einrichtungen der psychosomatischen oder psychiatrischen Rehabilitation erhalten die Patient*innen psychotherapeutische Angebote, psychosoziale Interventionen wie Ergotherapie oder Künstlerische Therapien sowie Sport- und Bewegungstherapien; hinzu kommen klinische Sozialarbeit und psychoedukative Maßnahmen.

Behandlungsziele und -aufträge einer Akut- und Rehabilitationsbehandlung unterscheiden sich grundsätzlich, wenngleich beide auf dem Ansatz einer multimodalen, multiprofessionellen partizipativ gestalteten Behandlung im interdisziplinären Team basieren und es auch inhaltlich Überschneidungen gibt:

  • Im Zentrum der Akutbehandlung (ambulant oder stationär) steht die kurativ ausgerichtete Therapie, d. h. sie ist auf Heilung und Linderung ausgerichtet und kausal – aus der Perspektive von Krankheitsursache (Ätiologie) und Krankheitsentstehung (Pathogenese) – orientiert.
  • Eine medizinische Rehabilitationsbehandlung beinhaltet hingegen Maßnahmen, deren Ziele in der Verhütung bzw. Verringerung, Besserung oder Vermeidung von Verschlimmerung von Beeinträchtigungen durch Funktionsstörungen liegen. Behandlungsziel der Rehabilitation ist der Rehabilitationserfolg im Sinne der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere in Familie, Arbeit und Beruf, d. h. Funktionsstörungen zu vermindern, Beeinträchtigungen von Aktivitäten auszugleichen und die Leistungsfähigkeit in Beruf und Alltag wiederherzustellen.

Unterschiede zwischen medizinischer Rehabilitation und stationärer Akutbehandlung bestehen auch hinsichtlich der Behandlungsdauer: Der Krankenhausaufenthalt orientiert sich an individuellen Therapiezielen und -verlauf. Die Rehabilitationsdauer liegt durchschnittlich bei 5 Wochen, was die Leitliniengruppe als in der Regel zu kurz erachtet. Die Dauer einer Rehabilitation sollte ebenso dem individuellen Bedarf der Patient*innen angepasst werden.

Ein weiterer Unterschied liegt in der Fokussierung der medizinischen Rehabilitation auf Gruppentherapien, wohingegen in der Krankenhausbehandlung Einzel- und Gruppentherapien kombiniert werden und die psychotherapeutische Behandlungsintensität höher ist.

In der Rehabilitationsbehandlung gibt es in der Regel keine festen Psychotherapie-Bezugsgruppen, die kontinuierlich über alle Behandlungsangebote zusammenarbeiten; die Zusammensetzung der Gruppen wechselt je nach Therapieangebot. Eine Gruppenpsychotherapie in der Rehabilitationsbehandlung beinhaltet häufig strukturierte, psychoedukative Elemente und zielt ebenso wie psychosoziale Therapien wesentlich auf den Erwerb von bzw. den Zugang zu Ressourcen und/oder Lebensstiländerung sowie die berufliche Orientierung und Teilhabe.

In Reha-Kliniken ist außerdem – im Gegensatz zu den Krankenhausbehandlungen – die Verfügbarkeit von ärztlichem, psychotherapeutischem, Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischem Personal nicht jederzeit medizinisch notwendig. Diese unterschiedlichen Aufgaben drücken sich nicht zuletzt in einer unterschiedlichen Personalausstattung zwischen beiden Therapieangeboten aus.

Neben der Diagnostik von Funktionsstörungen sowie Aktivitäts- und Teilhabebeeinträchtigungen erfolgt im Rahmen der medizinischen Rehabilitation – nicht jedoch in der Krankenhausbehandlung – eine sozialmedizinische qualitative und quantitative Beurteilung des Leistungsvermögens sowie der Erwerbsfähigkeit. Sofern erforderlich werden berufliche Herausforderungen adressiert, Angebote der medizinisch-beruflich orientierten Rehabilitation in die Behandlung einbezogen oder die Nutzung von Teilhabeleistungen initiiert. Die Beurteilung der Leistungsfähigkeit basiert im Regelfall auf der Nutzung von Assessments sowie von ergotherapeutischen Arbeits- und Belastungserprobungen beispielsweise im Büro- oder Haushaltstraining innerhalb der Klinik oder als Arbeitserprobungen außerhalb der Klinik.

Der psychosomatisch-psychotherapeutischen bzw. psychiatrischen Rehabilitationsbehandlung kann – sofern medizinisch notwendig – eine angemessene Krankenhausbehandlung der psychischen Erkrankung vorausgehen, ist aber nicht zwingend erforderlich. Der direkte Übergang von einer Krankenhaus- zu einer Rehabilitationsbehandlung ist für Menschen mit psychischen Erkrankungen – im Gegensatz zu somatischen Erkrankungen (Anschlussheilbehandlung) – bisher eher die Ausnahme (Entgiftungs- und Entwöhnungsbehandlung in der Suchtmedizin) bzw. wird lediglich in Modellprojekten erprobt (z. B. 31937, 31938).

Die differenzierte Indikationsstellung zwischen Krankenhaus- versus Rehabilitationsbehandlung wird bei depressiven Störungen nach Erfahrung der Leitliniengruppe in der klinischen Realität nach wie vor unbefriedigend umgesetzt und kann im individuellen Fall auch schwierig sein. In der Versorgungsrealität spielt zudem auch die Wartezeit auf die Therapieplätze eine wichtige Rolle; sie liegt für Akutkliniken bei etwa 2 bis 4 Wochen (außer in Notfallsituationen), für eine psychosomatische bzw. psychiatrische Rehabilitation jedoch bei 6 bis 8 Wochen und teils noch viel länger.

Als Versorgungsproblem formuliert die Leitliniengruppe, dass Patient*innen einerseits teils direkt oder zu früh in eine Rehabilitationsklinik anstatt in ein Krankenhaus kommen, obwohl sie (noch) nicht Reha-fähig sind. Andererseits werden mitunter notwendige Rehabilitationsbehandlungen vorenthalten, weil diese nach einer Krankenhausbehandlung angeblich obsolet seien. Wartezeiten und fehlende Übergänge stellen weitere Versorgungsprobleme dar.

 Informationen Weiterführende Informationen: Beantragung einer medizinischen Rehabilitation

Die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bzw. Anschlussrehabilitation werden in Deutschland meist von den Rentenversicherungen oder den Krankenkassen getragen:

  • Die Gesetzliche Rentenversicherung ist der zuständige Kostenträger für Erwerbstätige mit einer Mindestversicherungszeit von insgesamt 15 Jahren oder 6 Beitragsmonaten in den letzten 2 Jahren oder 5 Beitragsjahren bei gleichzeitig drohender Erwerbsminderung bzw. bestehender verminderter Erwerbsfähigkeit oder bei Ausbildung/Studium in den letzten 2 Jahren oder bei aktuellem Bezug einer Erwerbsminderungsrente.
  • Krankenkassen sind zuständig für die medizinische Rehabilitation von Alternsrentner*innen, Pflegebedürftigen sowie für Eltern-Kind-Kuren.

In Abhängigkeit von der persönlichen Situation der Patient*innen kommen weitere Kostenträger infrage (z. B. Unfallkassen, Sozialämter u. a.). Grundsätzlich kann ein Antrag auf medizinische Rehabilitation aber bei jedem Kostenträger gestellt werden, ohne dass die Antragstellenden die Zuständigkeit im Vorfeld klären müssen. Der Kostenträger, bei dem der Antrag eingegangen ist, ist verpflichtet zu prüfen, ob er zuständig ist und den Antrag andernfalls innerhalb von 2 Wochen an einen anderen Kostenträger weiterzuleiten.

Aus der Erfahrung der Leitliniengruppe ist die Antragstellung für rehabilitative Angebote bei psychischen Störungen aus dem hausärztlichen Bereich heraus schwieriger als bei somatischen Erkrankungen. Erfolgversprechender ist es, wenn dem Rehabilitationsantrag in Abstimmung mit den Patient*innen ein spezialfachärztlicher bzw. psychotherapeutischer Befundbericht zugefügt wird. Neben den aktuellen (psychischen und somatischen) Diagnosen und Befunden, der Einschätzung der aktuellen Funktionseinschränkungen, Erläuterungen zur bisherigen Therapie, Behandlungsverlauf und -ergebnissen gehören in diesen Bericht auch Angaben zur Belastbarkeit für die Rehabilitationsbehandlung. Seit 2017 können auch Psychologische Psychotherapeut*innen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und Leistungen zur Rehabilitation für psychisch kranke Menschen beantragen.

 Hinweis Hinweis: Weiterführende Materialien zur Medizinischen Rehabilitation

13.2.2 Ambulante medizinische Rehabilitation

Neben stationären Rehabilitationsangeboten gibt es in Deutschland auch Angebote der "ganztätigen ambulanten Rehabilitation", vergleichbar den Tageskliniken in der Krankenhausbehandlung. Teils existieren auch Modelle, in denen stationäre und ganztätig ambulante Rehabilitationsbehandlungen kombiniert werden. Da diese ambulanten bzw. ganztägig ambulanten Angebote für GKV-Patient*innen jedoch nur vereinzelt zur Verfügung stehen, verzichtet die Leitliniengruppe auf eine Empfehlung, wann eher eine stationäre und wann eher eine ganztägig ambulante oder ambulante Rehabilitation gewählt werden soll. Sie hält einen Ausbau dieser Angebote jedoch für wünschenswert, beispielsweise um den Übergang aus dem stationären in das ambulante Behandlungssetting zu erleichtern, den Alltagsbezug der Patient*innen aufrechtzuerhalten oder auch um die Psychotherapie enger an Alltagssituationen anbinden zu können.

Existieren ambulante oder ganztägig ambulante Angebote, kommen für die Entscheidungsfindung neben erkrankungsspezifischen Erwägungen auch praktische Fragen wie bestehende Versorgungsaufgaben der Patient*innen für Kinder und pflegebedürftige Angehörige oder auch die zu bewältigende Entfernung zur Einrichtung infrage.

13.2.3 Nachsorge nach medizinischer Rehabilitation

Die Nachsorge nach einer stationären oder (ganztägig) ambulanten medizinischen Rehabilitation dient der Verstetigung der erreichten Ergebnisse. In Deutschland existieren zwar spezielle Nachsorgeprogramme (z. B. Curriculum Hannover); diese werden aber nicht flächendeckend eingesetzt. Dadurch ergeben sich häufig Schnittstellenprobleme beim Übergang von der medizinischen Rehabilitation in die ambulante Versorgung, insbesondere bezüglich einer lückenlosen Betreuung und Weiterbehandlung (v. a. Wartezeit auf ambulante Psychotherapie oder auf einen Termin in einer psychiatrischen Praxis).

Da die Schnittstellenprobleme die gleichen sind wie nach einem stationären Aufenthalt in einer Akutklinik, verzichtet die Leitliniengruppe auf spezielle Empfehlungen zur Nachsorge nach medizinischer Rehabilitation. Für detaillierte Empfehlungen siehe Kapitel 14.3.2 Entlassmanagement. Zu Möglichkeiten der Überbrückung der Wartezeit auf Psychotherapie siehe Kapitel 5 Behandlung bei akuter depressiver Episode.

 Informationen Weiterführende Informationen: Psy-RENA

Die psychosomatische Rehabilitationsnachsorge (Psy-RENA) ist ein relativ neues Angebot der DRV. Dabei handelt es sich um ambulante Gruppenpsychotherapiegruppen, die von Vertragspsychotherapeut*innen geleitet werden. Psy-RENA schließt sich an den Aufenthalt in einer psychosomatischen Reha-Klinik an, erfolgt wohnortnah und kann auch Sport- und Bewegungstherapie, Schulungen u. a. umfassen. Psy-RENA wird durch die behandelnden Ärzt*innen oder Therapeut*innen während der stationären Rehabilitation verordnet, wenn weiterhin Therapiebedarf besteht. Aus Sicht der Leitliniengruppe und insbesondere der Patientenvertreter wird dieses Angebot zum einen bislang noch zu wenig genutzt; zum anderen gibt es nicht in allen Regionen Psychotherapeut*innen, die Psy-RENA-Gruppen anbieten (www.psyrena.de).

13.3 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Teilhabe an Bildung

Empfehlung

Empfehlungsgrad

13-2 | neu 2022

Bei längerer Arbeitsunfähigkeit, erheblich gefährdeter Erwerbsfähigkeit und drohender oder bestehender Erwerbsminderung oder bei Beeinträchtigungen der Teilhabe an Bildung sollen die Behandelnden frühzeitig eine Beratung bezüglich Teilhabeleistungen an Arbeit (berufliche Rehabilitation) bzw. Bildung empfehlen und die Patient*innen an regionale Beratungseinrichtungen weiterleiten.

Starke Empfehlung

13-3 | neu 2022

Besteht Bedarf an Teilhabeleistungen am Arbeitsleben (beruflicher Rehabilitation) bzw. Bildung, sollen die Beratenden den Betroffenen Unterstützung bei der Antragstellung anbieten und/oder sie an zuständige Kostenträger vermitteln.

Starke Empfehlung

RationaleRationale

Erwerbstätigkeit wirkt sich positiv auf die psychische Gesundheit von Menschen mit psychischen Erkrankungen aus. Eine fehlende Erwerbstätigkeit ist hingegen bei depressiven Störungen ein negativer Prognosefaktor.

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA, berufliche Rehabilitation) und Bildung sind aufgrund der Vielfalt der Anbieter und Leistungen für Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen nur schwer zu überschauen. Hinzu kommt, dass der Zugang zu diesen Angeboten wegen der sozialrechtlichen Segmentierung und den damit verbundenen unterschiedlichen Kostenträgern sehr heterogen ist. Daher empfiehlt die Leitliniengruppe konsensbasiert die grundsätzliche Berücksichtigung dieser Angebote im Gesamtbehandlungsprozess, die Einbeziehung spezifischer Beratungsangebote (Abbildung 15) und die Unterstützung von Patient*innen beim Antragsverfahren durch die Beratungseinrichtungen.

Da eine erfolgreiche berufliche (Re-)Integration unwahrscheinlicher wird, je länger die Arbeitsunfähigkeit vor Beginn der Rehabilitationsmaßnahmen andauert, sollen sie deshalb frühestmöglich ansetzen und nicht erst, wenn die Erwerbsminderung bereits eingetreten ist.

 Evidenzgrundlage Evidenzbasis

Die Empfehlungen extrapolieren zusammenfassend die Empfehlungen der S3-Leitlinie "Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen" 31878 und basieren außerdem auf einem in der themenübergreifenden systematischen Recherche identifizierten Cochrane-Review sowie auf versorgungspraktischen Überlegungen.

 Evidenzbeschreibung Evidenzbeschreibung

Die S3-Leitlinie "Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen" beschreibt auf Basis eines systematischen Reviews die internationale und nationale Evidenz zu beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen. Zusammenfassend fanden sich insbesondere bezüglich einer unterstützten Beschäftigung ("Supported Employment") positive Effekte auf arbeitsbezogene Endpunkte, allerdings teils auch ohne statistische Signifikanz. Zudem wurde nicht immer eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt (kompetitive Beschäftigung) angestrebt bzw. erreicht. Speziell aus Deutschland liegen für die meisten Ansätze keine RCT vor. Für eine ausführliche Darstellung der Evidenz siehe 31878.

Ein methodisch hochwertiger Cochrane-Review (N = 45 RCT, n = 12 109), der in 31878 noch nicht berücksichtigt ist, untersuchte Return-to-work (RTW)-Interventionen speziell bei Patient*innen mit depressiven Störungen. Die Anzahl der Krankschreibungen reduzierte sich im Durchschnitt um 25 Tage pro Person und Jahr (N = 9, n = 1 292) und die Arbeitsfähigkeit verbesserte sich (N = 5, n = 926). Nach einem Jahr oder einer längeren Nachbeobachtungszeit waren aber nicht mehr Menschen mit RTW-Intervention berufstätig als ohne 29425.

 Überlegungen Erwägungen, die die Empfehlung begründen

Psychische Erkrankungen sind die Hauptursache für gesundheitsbedingte Frühberentungen 31872. Entsprechend hoch ist die Relevanz von Leistungen zur Teilhabe an Arbeit (berufliche Rehabilitation).

Arbeit wirkt sich positiv auf die psychische Gesundheit von Menschen mit psychischen Erkrankungen aus. Eine fehlende Erwerbstätigkeit ist hingegen bei depressiven Störungen ein negativer Prognosefaktor. Tagesstruktur und soziale Kontakte gehen verloren, positive Bestätigung fehlt, das Selbstwertgefühl sinkt. Hinzu kommen finanzielle Probleme und eine gesellschaftliche Stigmatisierung. Die S3-Leitlinie "Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen" empfiehlt daher, die Förderung beruflicher Teilhabe schwer psychisch kranker Menschen darauf auszurichten, den Arbeitsplatzverlust zu vermeiden und entsprechende Dienste bzw. Hilfen frühzeitig einzubeziehen 31878. Für Empfehlungen zu konkreten Maßnahmen (z. B. "Supported Employment") siehe dort.

In der Versorgungsrealität nimmt die Leitliniengruppe verschiedene Probleme wahr. Zum einen wird gemäß der Prämisse "Rehabilitation vor Berentung" Patient*innen mit ausdrücklichem Berentungswunsch teilweise eine medizinische Rehabilitationsbehandlung im Zuge eines Rentenantragsverfahrens aufgedrängt, obwohl der Wunsch nach Berentung und die damit verbundene mangelnde Therapiemotivation dem Erfolg einer Rehabilitationsbehandlung entgegensteht. Zum anderen berichten Patient*innen, dass sie von den Krankenkassen oder Jobcentern aus Kostengründen gedrängt werden, einen Rehabilitations- oder Rentenantrag zu stellen, anstatt (weiter) zu versuchen, wieder arbeitsfähig zu werden. Diese Erfahrung der Leitliniengruppe wird auch durch Auswertungen der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) gestützt 31876, 31875.

Ein weiteres Problem ist, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Kostenübernahme für rehabilitative Angebote durch die Kostenträger mitunter eine Barriere für einen raschen und bedarfsorientierten Zugang zu Leistungen zur Teilhabe an Arbeit darstellen können. Menschen mit wesentlichen Beeinträchtigungen, die über ein bestehendes Beschäftigungsverhältnis verfügen, erhalten oft keine bedarfsgerechte Unterstützung am Arbeitsplatz, auch wenn dies für den Erhalt des Arbeitsplatzes relevant wäre und nicht selten mit einer günstigen Prognose verbunden ist.

 Informationen Weiterführende Informationen: Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben – Angebote und Zugang

In Deutschland existiert ein breites Spektrum von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (berufliche Rehabilitation), das von den unterschiedlichsten Einrichtungen angeboten wird (Abbildung 15). Dazu gehören vielfältige und z. T. langfristige Hilfen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes sowie berufliche Anpassungs- und Weiterbildungsleistungen. Neben Hilfen zur Berufsvorbereitung (z. B. Assessment-, Integrations-, Trainingsmaßnahmen) und beruflicher Anpassung, Ausbildung und Weiterbildung (berufliche Trainings, Qualifizierungen, Umschulungen) werden beispielsweise auch Gründungszuschüsse bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, Leistungen an Arbeitgebende zur Unterstützung der Beschäftigungsbereitschaft, Hilfsmittel und technische Arbeitshilfen angeboten.

Die Interventionen erfolgen in der Regel nach zwei unterschiedlichen methodischen Ansätzen:

  • In Deutschland kommen bislang überwiegend Programme zum Einsatz, bei denen berufsvorbereitende Maßnahmen in geschützten Rahmen im Vordergrund stehen. Diese unterstützen die Patient*innen aber weder bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt (Arbeitsplatzsuche) noch am Arbeitsplatz (z. B. in der Einarbeitungszeit oder längerfristig).
  • International sind hingegen Maßnahmen der unterstützen Beschäftigung ("Supported Employment") verbreitet. Dabei werden die Patient*innen ohne (längere) Vorbereitungszeit bereits in der ersten Phase der Rehabilitation auf dem ersten Arbeitsmarkt platziert und dort unterstützt.

Das sozialrechtliche System in Deutschland bietet vielfältige Angebote, erschwert nach der Erfahrung der Leitliniengruppe aber sektorenübergreifende und innovative Ansätze, wobei mit der Reform des Bundesteilhabegesetzes auch Programme der unterstützten Beschäftigung ("Supported Employment") oder Mischformen eingeführt werden. Hierbei ist zu beachten, dass der Begriff der "Unterstützten Beschäftigung" nach §55 SGB XI nicht gleichzusetzen ist mit der manualisierten Intervention des "Individual Placement and Support" nach dem Ansatz der unterstützten Beschäftigung ("Supported Employment").

Ähnlich heterogen wie die Angebote und Anbieter zur Teilhabe an Arbeit ist der Zugang zu diesen Leistungen, da die verschiedensten Kostenträger zuständig sein können (Abbildung 16). Teils erfolgen diese Leistungen auch integriert im Rahmen Medizinisch-beruflicher Rehabilitation.

Abbildung - weißAbbildung 16: Zuständigkeiten der Kostenträger für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben

Abbildung 16 - Zuständigkeiten der Kostenträger für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben 

Die Grafik dient der grundsätzlichen Orientierung und bildet die häufigsten, aber nicht alle denkbaren Szenarien ab.

1 aktueller Bezug einer Erwerbsminderungsrente; 2vorliegende Empfehlung aus einer medizinischen Rehabilitation wegen drohender Erwerbsunfähigkeit; 3abhängig von Herkunft und Aufenthaltsstatus; 4 Inklusionsämter, Hauptfürsorgestellen, (Landes-)Versorgungsämter

erstellt mit Unterstützung von Manfred Becker (Deutsche Gesellschaft für soziale Psychiatrie) und Prof. Dr. Hans-Christoph Eichert (Pädagogische Hochschule Heidelberg, Institut für Sonderpädagogik, Berufliche Rehabilitation und soziale Integration)

Welche Leistungen und welche Kostenträger im individuellen Fall infrage kommen, dazu können spezialisierte Beratungsstellen (Abbildung 15; z. B. www.teilhabeberatung.de) Auskunft geben. Gemäß Bundesteilhabegesetz 31877 sind außerdem alle Rehabilitationsträger, die Pflegeversicherung sowie Jobcenter und Integrationsämter verpflichtet, trägerspezifische Ansprechstellen zur Vermittlung von Informationsangeboten zu benennen (§ 12 SGB IX). So soll bei der frühzeitigen Bedarfserkennung unterstützt und auf eine Antragstellung hingewirkt werden.

 Informationen Weiterführende Informationen: Leistungen zur Teilhabe an Bildung – Angebote und Zugang

Leistungen zur Teilhabe an Bildung wurden 2020 mit §112 SGB IX als sozialrechtliche Leistung zur Teilhabe neu eingeführt und sollen den gleichberechtigten Zugang zum allgemeinen Bildungssystem gewährleiten. Leistungen umfassen Hilfen zur Schulbildung, zur schulischen Berufsausbildung, zur Hochschulbildung und Hilfen zur schulischen und hochschulischen beruflichen Weiterbildung. Zu den Kostenträgern von Leistungen zur Teilhabe an Bildung zählen die gesetzliche Unfallversicherung, Träger der öffentlichen Jugendhilfe, Träger der Eingliederungshilfe und Träger des sozialen Entschädigungsrechts; Rentenversicherung und Krankenversicherung jedoch nicht.

13.4 Soziale Teilhabe

In Deutschland existiert ein breites Spektrum von Leistungen zur sozialen Teilhabe, die von den unterschiedlichsten Einrichtungen angeboten werden (Abbildung 15). Sie umfassen sehr heterogene sozialpsychiatrische Leistungen zu Beratung, Tagesgestaltung und Kontaktfindung wie auch Leistungen zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben im Bereich Wohnen (z. B. ambulant oder stationär betreutes Wohnen).

Leistungen zur Teilhabe sind aufgrund der Vielfalt der Angebote, Anbieter und Kostenträger nur schwer zu überschauen. Ebenso vielfältig in Art und Ausprägung ist der individuelle Bedarf bei Patient*innen mit depressiven Störungen. Daher verzichtet die Leitliniengruppe auf spezifische Empfehlungen zu sozialer Teilhabe, verweist aber auch in diesem Zusammenhang auf das Bundesteilhabegesetz und entsprechende Beratungsangebote (Abbildung 15; z. B. www.teilhabeberatung.de)

Für Empfehlungen zur Verordnung von ambulanter Ergotherapie und Soziotherapie siehe Kapitel 9 Psychosoziale Therapien und unterstützende Maßnahmen; evidenzbasierte Empfehlungen zu betreuten Wohnformen finden sich in der S3-Leitlinie "Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen" 31878. Hilfreich können ggf. spezialisierte Beratungsstellen (Abbildung 15) sein, die die in der jeweiligen Region vorhandenen Angebote kennen und auch bei der Beantragung von Leistungen unterstützen können.

NVL Unipolare Depression, Version 3.2, 2022

Mehr zur NVL Unipolare Depression

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  • Langfassung

    NVL Unipolare Depression, Version 3.2, 2022

  • Kurzfassung

    NVL Unipolare Depression, Version 3.2, 2022

Das Archiv enthält abgelaufene, zurückgezogene Dokumente zur Nationalen Versorgungsleitlinie Unipolare Depression.

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zuletzt verändert: 04.07.2023 | 17:47 Uhr