NVL Asthma, 4. Auflage

2 Diagnostik und Monitoring

2.1  Allgemeines

Die Diagnose des Asthmas ist vor allem eine klinische 25955. Sie stützt sich auf charakteristische Beschwerden und Symptome und den Nachweis einer variablen, häufig reversiblen Atemwegsobstruktion und/oder einer bronchialen Hyperreagibilität.

Die Diagnostik beruht auf einer eingehenden Anamnese einschließlich Familienanamnese, charakteristischen körperlichen Befunden sowie Lungenfunktionsprüfungen.

Abbildung 1: Algorithmus für die Diagnostik des Asthmas

Besonderheiten des Kindesalters (≤ 5 Jahre)

Kinder im Vorschulalter leiden häufig unter episodischen Atemwegsobstruktionen. Wenn die Symptome vorübergehend sind, rechtfertigen sie die Asthmadiagnose nicht. Die Unterscheidung zwischen Kindern mit Asthma und denen mit lediglich temporären Zeichen einer obstruktiven Ventilationsstörung ist eine besondere Schwierigkeit in der Diagnosestellung in dieser Altersgruppe. Für die Risikoeinschätzung sind anamnestische Informationen (atopische Erkrankung beim Kind oder in der Familie, Nachweis einer Sensibilisierung, Asthma-Symptomatik im infektfreien Intervall, z. B. bei körperlicher Belastung) wichtig.

Zwischenüberschriften kennzeichnen die spezifischen Maßnahmen für Kinder im Vorschulalter.

2.2  Anamnese und Symptome

Empfehlungen/Statements

Empfehlungsgrad

2-1

Bei Verdacht auf ein Asthma soll eine ausführliche Anamnese unter Berücksichtigung der in Tabelle 2 genannten Symptome, auslösenden Faktoren, Komorbiditäten und Risikofaktoren erhoben werden.

Starke Empfehlung

Die Empfehlung zur asthmaspezifischen Anamnese (siehe Tabelle 2) entspricht guter klinischer Praxis und beruht auf Expertenmeinung. Faktoren, die mit Evidenz unterlegt werden können, werden in den jeweiligen Kapiteln diskutiert.

Tabelle 2: Asthmaspezifische Anamnese

Symptome (mit Häufigkeit, Variabilität und Intensität)

  • Wiederholtes Auftreten anfallartiger, oftmals nächtlicher Atemnot;
  • pfeifende Atemgeräusche ("Giemen");
  • Brustenge;
  • Husten mit und ohne Auswurf.

Auslösefaktoren

  • Atemwegsreize (z. B. Exposition gegenüber Allergenen, thermischen und chemischen Reizen, Rauch und Staub, pathologischer gastro-ösophagealer Reflux, rezidivierende und chronische Entzündungen im Hals-Nasen-Ohren-Bereich);
  • Tages- und Jahreszeit (z. B. Tag-/Nachtrhythmus, Allergenexposition);
  • Aufenthaltsort und Tätigkeit (z. B. Arbeitsplatz, Hobbys);
  • körperliche Belastung;
  • Atemwegsinfektionen;
  • Medikamente (z. B. NSAR, ASS, Betarezeptorenblocker);
  • emotionale Belastungsfaktoren;
  • aktive und passive Tabakexposition.

Risikofaktoren

  • Vorhandensein anderer Erkrankungen des atopischen Formenkreises (z. B. Ekzem, Rhinitis);
  • positive Familienanamnese (Allergie, Asthma);
  • psychosoziale Faktoren.

Komorbiditäten

  • Erkrankungen der oberen Atemwege;
  • pathologischer gastro-ösophagealer Reflux;
  • Adipositas;
  • Rhinitis und Sinusitis;
  • dysfunktionale Atmung;
  • COPD;
  • psychische Erkrankungen.

Ein Asthma kann unterschiedliche Symptome verursachen, von gering ausgeprägtem Beklemmungsgefühl ("Brustenge") oder Husten bis zu schwerer Atemnot.

Risikofaktoren

Evidenz zur Assoziation bestimmter Faktoren zu einem erhöhten Asthmarisiko liegt größtenteils aus Beobachtungsstudien vor. Die Leitliniengruppe sieht diese als nicht zuverlässig genug an, um daraus Empfehlungen für die Primärprävention zu formulieren. Sie verweist auf die S3-Leitlinie Allergieprävention (www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/061-016.html) 26475.

Risikofaktoren, die aus Sicht der Leitliniengruppe die Wahrscheinlichkeit für die Diagnose Asthma erhöhen, sind in Tabelle 2 aufgeführt.

Komorbiditäten

Die Leitliniengruppe empfiehlt, in der Anamnese neben atopischen Erkrankungen auch komorbide Erkrankungen der oberen Atemwege zu erheben. Die chronische Rhinosinusitis wird in internationalen Leitlinien als Risikofaktor für schwere Verlaufsformen und rezidivierende Exazerbationen bei Erwachsenen mit bestimmten Phänotypen des Asthmas zunehmend anerkannt 26481.

In der systematischen Recherche wurden drei systematische Übersichtsarbeiten identifiziert, die die Auswirkungen der Behandlung verschiedener Erkrankungen der oberen Atemwege auf asthmaspezifische Endpunkte untersuchten 25789, 25193, 25722:

Eine Metaanalyse 25789 betrachtete unter anderem die Auswirkungen der Behandlung einer allergischen Rhinitis mit intranasalen Corticosteroiden (INCS) auf die Symptome des ebenfalls bestehenden Asthmas. Bei noch nicht bestehender Langzeittherapie des Asthmas mit inhalativen Corticosteroiden (ICS) besserten sich die Asthmasymptome bei Anwendung von INCS im Vergleich zu einer Therapie mit Placebo signifikant (MD 0,42 (95% KI 0,03; 0,53); n = 178). Bei bereits bestehender Langzeittherapie des Asthmas mit ICS führte eine Behandlung der allergischen Rhinitis mit INCS nicht zu einer zusätzlichen Besserung der Asthmasymptome (SMD 0,24 (95% KI -1,31; 0,82); n = 911). 25789

Zwei weitere Arbeiten evaluierten die Auswirkungen verschiedener medikamentöser Therapien der allergischen Rhinitis 25722 und der Polyposis nasi 25193 auf die Asthmasymptomatik. Die Autoren beider Reviews erachten die Datenqualität der eingeschlossenen Primärstudien als zu niedrig, um asthmaspezifische Äußerungen zu treffen.

Bei ausbleibendem Therapieerfolg des Asthmas ist ein möglicher Zusammenhang mit dysfunktionaler Atmung in Erwägung zu ziehen. Die dysfunktionale Atmung beschreibt die Leitliniengruppe als Abweichungen des physiologischen Atemmusters mit der Folge von rekurrierend oder chronisch auftretenden respiratorischen und nicht respiratorischen Symptomen, z. B. Hyperventilation, Vocal Cord Dysfunction (VCD), habituellem Husten und überwiegend thorakalen Atemexkursionen. Die dysfunktionalen respiratorischen Symptome lassen sich, abgesehen von der VCD, nicht durch strukturelle Besonderheiten der Atemwege erklären und können Symptome somatischer Erkrankungen imitieren. Neben der Anamnese ist die Charakterisierung des Atemmusters (z. B. Erfassen von Atemfrequenz, Atemexkursionen, Atempausen) wichtig, um eine dysfunktionale Atmung zu erkennen.

Besonderheiten des Erwachsenenalters

Ein Beschwerdebeginn im Erwachsenenalter spricht nicht gegen ein Asthma. Das eosinophile Asthma scheint sich im Gegensatz zum allergischen Asthma bevorzugt in der zweiten Lebenshälfte zu manifestieren 27665. Zudem gibt es Hinweise, dass sowohl ASS und NSAR als auch Betarezeptorenblocker das Morbiditätsrisiko bei vorhandenem Asthma beeinflussen können 25360, 25168. Die Leitliniengruppe empfiehlt daher eine ausführliche Medikamentenanamnese in der Diagnostik.

Besonderheiten des Kindes- und Jugendalters

Die Fragen nach Passivrauchbelastung, sowie bei Jugendlichen nach Aktivrauchen und Berufswünschen, spielen eine wichtige Rolle, um präventiv tätig werden zu können und schädlicher Exposition gegebenenfalls gezielt entgegenzuwirken.

Besonderheiten des Kindesalters (≤ 5 Jahre)

Die oftmals noch fehlende Mitarbeitsfähigkeit jüngerer Kinder in der Lungenfunktionsprüfung schränkt die diagnostischen Möglichkeiten ein. Aus Sicht der Leitliniengruppe sowie gemäß einer internationalen Leitlinie 26435 ist es in dieser Altersgruppe daher besonders wichtig, die Anamnese sorgfältig durchzuführen. Dabei sind die Symptome im zeitlichen Zusammenhang zu Infektionen der Atemwege zu betrachten. Das Vorhandensein von Risikofaktoren in der Eigen- und/oder Familienanamnese erhöht die Wahrscheinlichkeit für ein Asthma 26435.

2.3  Körperliche Untersuchung

Die körperliche Untersuchung zielt auf den Nachweis von Zeichen einer Atemwegsobstruktion, die im beschwerdefreien Intervall auch fehlen können, ab. Dies sind:

  • trockene Nebengeräusche (Giemen, Pfeifen, Brummen) bei der Auskultation, ggf. durch eine forcierte Exspiration zu provozieren;
  • verlängertes Exspirium;
  • bei schwerer Atemnot (v. a. im Kindesalter): thorakale Einziehungen (v. a. jugulär, intercostal, epigastrisch);
  • bei schwerer Obstruktion: sehr leises Atemgeräusch.

Besonderheiten des Kindes- und Jugendalters

Kinder und Jugendliche mit nicht ausreichend therapiertem Asthma können aufgrund der vermehrt zu leistenden Atemarbeit minderwüchsig und dystroph sein. Thoraxdeformitäten können infolge hochgradiger Überblähung bei schwerem Asthma auftreten. Allerdings sind bei Auffälligkeiten in der somatischen Entwicklung zunächst andere Diagnosen auszuschließen (z. B. Mukoviszidose, Immundefekt, Ziliendysfunktion etc.). Neben der Erfassung der Längen- und Gewichtsentwicklung ist insbesondere im Hinblick auf die geeignete Therapieform auch die psychomentale Entwicklung zu beurteilen. Atemfrequenz und Atemzyklus sind altersabhängig und können auf eine bestehende Obstruktion hinweisen. Der Auskultationsbefund im symptomfreien Intervall ist oft unauffällig. Nach Aufforderung zu forcierter Exspiration lassen sich aber häufig trockene exspiratorische Nebengeräusche wahrnehmen.

2.4  Objektive Messungen zur Sicherung der Diagnose

Empfehlungen/Statements

Empfehlungsgrad

2-2

Um die Diagnose eines Asthmas zu erhärten, soll eine variable, (partiell) reversible Atemwegsobstruktion durch eine Lungenfunktionsprüfung, typischerweise durch Spirometrie, nachgewiesen werden.

Starke Empfehlung

Diese Empfehlung entspricht einem Expertenkonsens. Die Formulierung wurde auf Basis der 2. Auflage der NVL Asthma modifiziert. Hochwertige systematische Übersichtsarbeiten konnten zu der Fragestellung nicht identifiziert werden.

Die Lungenfunktionsdiagnostik dient der Sicherung der Diagnose, der differenzialdiagnostischen Abgrenzung zu anderen obstruktiven Atemwegs- und Lungenerkrankungen sowie der Verlaufs- und Therapiekontrolle. Die Messung der Lungenfunktion ist nach Einschätzung der Leitliniengruppe unverzichtbar, da die körperliche Untersuchung auch bei symptomatischen Patienten oft keine Obstruktionsmerkmale (z. B. Giemen) nachweisen kann. Die lungenfunktionsanalytische Basisdiagnostik umfasst die Messung der Atemwegsobstruktion, ihre Reversibilität und Variabilität. Für den Nachweis der Atemwegsobstruktion sind verschiedene, unterschiedlich aufwändige, Methoden geeignet.

Die einzelnen Methoden haben für die Diagnostik unter Berücksichtigung der Versorgungsebenen (hausärztlich tätiger/pneumologisch-allergologisch spezialisierter Arzt oder Kinder- und Jugendarzt) einen unterschiedlichen Stellenwert. Gleichwohl sieht die Leitliniengruppe angesichts der Verfügbarkeit, der Versorgungssituation (überwiegende Betreuung durch Hausärzte) und des Aufwandes die Spirometrie als primär geeignetes Verfahren an.

Besonderheiten des Kindesalters (≤ 5 Jahre)

Eine angemessene Lungenfunktionsdiagnostik ist wegen mangelnder Kooperationsfähigkeit (Säuglinge und Kleinkinder) oder mangelnder Kooperationsbereitschaft (Ängstlichkeit, Verweigerungshaltung) häufig nicht oder nur eingeschränkt möglich.

2.4.1 Spirometrie

Empfehlungen/Statements

Empfehlungsgrad

2-3

Die Spirometrie mit Darstellung der vollständigen Fluss-Volumen-(FV)-Kurve soll die Basis der Funktionsdiagnostik sein. Da das Verfahren mitarbeitsabhängig ist, sollen ggf. zusätzlich weniger mitarbeitsabhängige Methoden herangezogen werden (z. B. Bodyplethysmographie).

Starke Empfehlung

2-4

Bei der Spirometrie sollen die besten Werte aus mindestens drei reproduzierbaren Fluss-Volumen-Kurven verwendet werden.

Starke Empfehlung

In der systematischen Recherche wurden keine hochwertigen systematischen Übersichtsarbeiten identifiziert, die Aussagen zur Testgüte bzw. zu der Durchführung der Spirometrie machen. Die Leitliniengruppe verweist auf die Empfehlungen zur Durchführung und Interpretation der Ergebnisse der spirometrischen Untersuchung, die in der deutschen S2k-Leitlinie Spirometrie (www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/020-017.html) gegeben werden 25953. Danach sind obstruktive Ventilationsstörungen durch eine Reduktion des altersabhängigen Quotienten aus FEV1 und FVC (Tiffeneau-Index), der absoluten Einsekundenkapazität und der maximalen endexpiratorischen Atemstromstärke gekennzeichnet 25953. Erst die Durchführung von drei Messungen erlaubt die Beurteilung der Güte der Mitarbeit der Patienten und damit die Reproduzierbarkeit der Messergebnisse 25953. Dabei wird ein Unterschied von bis zu 5% zwischen dem besten und zweitbesten Ergebnis der Messung von FEV1 und FVC akzeptiert 25953.

Besonderheiten des Kindesalters (≤ 5 Jahre)

Die Durchführung der Spirometrie ist nur bei entsprechender Mitarbeit der Kinder möglich. Das bei jüngeren Kindern bestehende Größenverhältnis von Atemwegen zum Lungenvolumen macht die Dokumentation zusätzlicher Lungenfunktionsparameter (FEV0,5 und FEV0,75) erforderlich 25953.

Selbst wenn die Ausatemzeit länger als eine Sekunde ist, liegt der FEV1/FVC-Quotient bei gesunden Kindern bis zum sechsten Lebensjahr bei 0,9 25953. Die Werte können also bei Kindern vor dem Schulalter nicht, wie bei älteren üblich, zur Beurteilung einer Atemwegsobstruktion verwendet werden 25953. Häufig ist die Beurteilung einer obstruktiven Ventilationsstörung bei Kindern erst nach Durchführung eines Reversibilitätstestes möglich. 25953

2.4.2 Reversibilitätstest

Empfehlungen/Statements

Empfehlungsgrad

2-5

Bei Patienten mit nachgewiesener Atemwegsobstruktion soll zur Bestätigung der Diagnose zunächst ein Reversibilitätstest mit kurzwirkenden Beta-2-Sympathomimetika (SABA) durchgeführt werden.

Starke Empfehlung

2-6

Zusätzlich kann ein Reversibilitätstest mit einem rasch wirksamen Anticholinergikum durchgeführt werden.

Offene Empfehlung

2-7

Bei Patienten mit begründetem Verdacht auf ein Asthma kann zur Sicherung der Diagnose zeitlich begrenzt ein Therapieansprechen auf inhalative Corticosteroide (ICS) oder orale Corticosteroide (OCS) geprüft werden.

Offene Empfehlung

Zur Durchführung des Reversibilitätstestes wurden in der systematischen Recherche keine hochwertigen systematischen Übersichtsarbeiten identifiziert.

Der Reversibilitätstest dient dazu, die Diagnose Asthma zu bestätigen bzw. eine Abgrenzung zur chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) zu ermöglichen. Die vollständige Rückbildung der Obstruktion im Reversibilitätstest spricht für die Diagnose Asthma. Entsprechend den Empfehlungen der S2k-Leitlinie Spirometrie sehen auch die Autoren der NVL Asthma es als zweckmäßig, die Reversibilität zunächst unter Einsatz eines SABA zu prüfen. Bringt diese Untersuchung keine Ergebnisse, kann in zweiter Instanz ein rasch wirksames Anticholinergikum angewendet werden. (www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/020-017.html) 25953

Eine Zunahme der FEV1 um > 12% bzw. um > 200 ml macht die Diagnose eines Asthmas wahrscheinlich 25953, 14528, 26435. Eine fehlende Reversibilität in einem einzigen Reversibilitätstest schließt ein Asthma jedoch nicht aus 25953.

Die Empfehlung 2-7 beruht ebenfalls auf klinischer Erfahrung. In der systematischen Literaturrecherche konnten keine hochwertigen systematischen Übersichtsarbeiten identifiziert werden, die die diagnostische Güte des Reversibilitätstests unter Anwendung von ICS oder OCS, im Sinne eines Therapieversuches, untersuchen. Eine systematische Recherche nach Primärstudien erbrachte ebenfalls keine hochwertigen Studien, um Empfehlungen zu der Dosierung oder der Dauer der Anwendung der Corticosteroide im Reversibilitätstest zu formulieren. Identifiziert wurden lediglich zwei Primärstudien und ein Letter, die allenfalls indirekte Evidenz zur Dosierung und Anwendungsdauer beitragen könnten 26224, 26231, 25967. Die Leitliniengruppe empfiehlt bei Erwachsenen die Anwendung von ICS in einer mittleren Dosierung für vier Wochen, da erfahrungsgemäß nach zwei Wochen noch kein sicherer Effekt zu erwarten ist. Die Anwendung von OCS erscheint bei Erwachsenen in einer Tagesdosis von 20 mg-40 mg Prednisolon für maximal 14 Tage geeignet zur Prüfung der Reversibilität einer Obstruktion.

Besonderheiten des Kindesalters (≤ 5 Jahre)

Bei Säuglingen und Kleinkindern mit auskultierbarer Obstruktion eignet sich eine auskultatorische Prüfung der Reversibilität nach Gabe eines kurzwirksamen Beta-2-Sympathomimetikums.

2.4.3 Nachweis der bronchialen Hyperreagibilität

Empfehlungen/Statements

Empfehlungsgrad

2-8

Sofern die Lungenfunktion nicht eingeschränkt ist, aber die Anamnese für ein Asthma spricht, sollte die Diagnose durch den Nachweis einer unspezifischen bronchialen Hyperreagibilität erhärtet werden.

Abgeschwächte Empfehlung

Diese Empfehlung entspricht einem Expertenkonsens. Die Formulierung wurde auf Basis der 2. Auflage der NVL Asthma modifiziert. Hochwertige systematische Übersichtsarbeiten konnten zu der Fragestellung nicht identifiziert werden. Die klinische Erfahrung zeigt, dass vor allem bei milden Erkrankungen die Zeichen einer Obstruktion in der Spirometrie fehlen können. Bei einem begründeten Verdacht bzw. bei persistierenden Symptomen eignet sich daher die bronchiale Provokation, um die Diagnose Asthma mit höherer Wahrscheinlichkeit ausschließen zu können. Voraussetzung für die Anwendung des Verfahrens sind die Beachtung von Kontraindikationen und Erfahrung des Anwenders.

Zur Durchführung des Provokationstests stehen unterschiedliche Methoden und Auswerteverfahren zur Verfügung, deren Aussagekraft aus Erfahrung der Leitliniengruppe nicht völlig übereinstimmt:

  • unspezifische inhalative Provokation mit Pharmaka (z. B. Methacholin);
  • standardisierte Belastung mittels:
  • Laufband,
  • "free-running-test" besonders bei Kleinkindern,
  • Fahrradergometer (weniger geeignet);
  • Kaltluftprovokation.

Eine von den Autoren eingebrachte diagnostische Studie weist auf eine Überlegenheit der Bodyplethysmographie bei der Interpretation der Bronchoprovokation auf der Basis des spezifischen Atemwegswiderstands hin 25957. Da diese in Deutschland flächendeckend in den Praxen der niedergelassenen Pneumologen verfügbar ist, wird sie in der Regel zur Interpretation der bronchialen Hyperreagibilität verwendet. Bei der Methacholin-Testung wird zwischen Mehr-Konzentrationen-Dosimeter-Protokollen und Ein-Konzentrations-Dosimeter-Protokollen unterschieden. Die Besonderheiten des Nachweises der bronchialen Hyperreagibilität bei Verdacht auf ein Asthma mit Arbeitsplatzbezug sind im Kapitel 10.1 Diagnostik dargestellt.

2.4.4 Peak-Flow-Messung

Empfehlungen/Statements

Empfehlungsgrad

2-9

Die Diagnose des Asthmas soll nicht ausschließlich durch Anwendung der Peak-Flow-Messung (PEF) gestellt werden.

Starke Negativ-Empfehlung

Für die Anwendung der Peak-Flow-Messung in der Diagnostik wurden in der systematischen Recherche keine hochwertigen systematischen Übersichtsarbeiten identifiziert.

Einen relevanten Stellenwert für die Peak-Flow-Messung oder die Messung der Peak-Flow-Variabilität in der Primärdiagnostik sieht die Leitliniengruppe nicht mehr. Auch wenn diese Form der Diagnostik von der internationalen Leitlinie GINA aus dem Jahr 2017 empfohlen wird 26435, stuft die Leitliniengruppe der NVL dieses Verfahren als nachrangig ein, insbesondere weil die Technik der unspezifischen bronchialen Provokation in Deutschland breit verfügbar ist.

2.4.5 Fraktion des exhalierten Stickstoffmonoxids (FeNO)

Empfehlungen/Statements

Empfehlungsgrad

2-10

Der diagnostische Zusatznutzen von FeNO in der Primärdiagnostik ist Gegenstand aktueller Forschung. Konfirmatorische Studien liegen noch nicht vor. Das Vorliegen von hohen FeNO-Werten erhöht die Wahrscheinlichkeit für die Diagnose Asthma und für das Ansprechen auf ICS. Ein niedriger FeNO-Wert schließt die Diagnose Asthma nicht aus.

Statement

In der systematischen Recherche wurden zwei systematische Übersichtsarbeiten 25113, 25144 und ein HTA-Bericht 25115 zu der Nutzung von FeNO in der Diagnostik gefunden. Da entweder die Suchzeiträume weit zurücklagen oder die methodische Qualität der Übersichtsarbeiten grenzwertig war, wurde die Recherche systematisch aktualisiert. Im Ergebnis wurden zwei weitere systematische Übersichtsarbeiten identifiziert 26003, 26634. Diese begründen die Empfehlung.

Die systematische Übersichtsarbeit von Karrasch et al. 26003 hat prospektive Studien betrachtet, in denen bisher nicht diagnostizierte, hauptsächlich steroidnaive Patienten mit Verdacht auf Asthma untersucht wurden. Durch das Pooling von 26 Beobachtungsstudien mit 4 518 Teilnehmern ergab sich eine Sensitivität von 0,65 (95% KI 0,58; 0,72) und eine Spezifität von 0,82 (95% KI 0,76; 0,86). Die diagnostische Odds Ratio (DOR) lag bei 9,23 (95% KI 6,55; 13,01). Erwachsene und Kinder wurden gemeinsam betrachtet, und in einer Metaregression wurde errechnet, dass die diagnostische Genauigkeit des Verfahrens nicht mit dem Alter der Patienten assoziiert war. 26003

Gestützt werden diese Ergebnisse durch einen systematischen Review von Tang et al. 26634, der die diagnostische Genauigkeit von FeNO bei Kindern untersuchte. Bei weiter gefassten Einschlusskriterien ergaben sich bei der Betrachtung von 2 933 Kindern in 5 Beobachtungsstudien eine Sensitivität von 0,79 (95% KI 0,64; 0,89); I² = 93,1% und eine Spezifität von 0,81 (95% KI 0,66; 0,90); I² = 97,62% 26634.

Eine nach dem Rechercheende veröffentlichte systematische Übersichtsarbeit 28036 errechnete, dass bei einem höheren Schwellenwert die Sensitivität ab- und die Spezifität zunahm. Eine darin durchgeführte Sensitivitätsanalyse ergab, dass die diagnostische Genauigkeit bei steroidnaiven Patienten im Vergleich zu allen anderen Patienten bei einem Schwellenwert von < 20 parts per billion (ppb) am höchsten war (Sensitivität: 0,79, Spezifität: 0,77, DOR: 12,25, 6 Studien) 28036.

Nach dem Recherchezeitraum veröffentlichte und von den Autoren eingebrachte Primärstudien ergänzen die Evidenzdarstellung 28031, 28033:

Price et al. 28031 untersuchten, ob die Ergebnisse der FeNO-Messung einen Prädiktor für das Ansprechen auf ICS bei bisher nicht diagnostizierten Patienten darstellten. Mit jedem Unterschied von 10 ppb des FeNO-Ausgangswertes verbesserte sich das Ansprechen auf ICS, ermittelt mit dem Asthma Control Questionnaire-7 (Unterschied zwischen den Gruppen 0,071 (95% KI 0,002; 0,139)) 28031. Das Risiko für Attrition-Bias wird als hoch und für Detektions-Bias als unklar eingeschätzt.

Murray et al. 28033 werteten Daten einer populationsbezogenen Kohortenstudie aus und untersuchten unter anderem die diagnostische Genauigkeit von FeNO bei Kindern mit Symptomen eines Asthmas. Die initialen FeNO-Werte waren bei 115 von 485 Kindern (24%) auf ≥ 35 ppb erhöht. Von diesen hatten 29 (25%) ein Asthma. Von 89 Patienten mit Symptomen eines Asthmas ohne ICS-Therapie hatten 21 Patienten einen FeNO-Wert ≥ 35 ppb – 13 Patienten von diesen hatten ein Asthma. Der Referenztest bestand aus einem von den Eltern beantworteten Fragebogen, der die drei Kriterien erfüllt haben muss: ärztlich diagnostiziertes Asthma, aktuell Symptome (Wheezing), aktuell Asthmatherapie. 28033 Es besteht ein unklares Verzerrungsrisiko in der Domäne 2 und ein hohes Verzerrungsrisiko in der Domäne 3 des Bewertungsinstrumentes QUADAS-2.

Die Leitliniengruppe sieht die Anwendung von FeNO in der Diagnostik auf Basis dieser Ergebnisse als nicht ausreichend im Nutzen belegt, da konfirmatorische Studien fehlen, die den diagnostischen Zusatznutzen abschließend klären würden. Unter Umständen können ausgewählte Patientengruppen, z. B. mit Allergien, von einer Zusatzdiagnostik mittels FeNO profitieren. Die Bestimmung von FeNO als alleinigen Marker für ein Asthma bronchiale wird als unspezifisch angesehen, bringt aber insbesondere zusammen mit anderen diagnostischen Verfahren einen Zugewinn an Sicherheit bei der Diagnose.

2.5  Weiterführende Diagnostik

In der systematischen Literaturrecherche konnten nur zu wenigen der in diesem Kapitel adressierten diagnostischen Verfahren hochwertige systematische Übersichtsarbeiten identifiziert werden. Die Kapitel beruhen daher hauptsächlich auf einer Adaptation der 2. Auflage der NVL Asthma und klinischer Erfahrung.

2.5.1 Ganzkörperplethysmographie

Die Ganzkörperplethysmographie gilt für Patienten mit fraglicher spirometrischer Obstruktion als wichtiges zusätzliches Verfahren, um das Vorliegen von Atemwegsobstruktion und Überblähung zu prüfen. Auch bei mangelhafter Mitarbeit bei den spirometrischen Untersuchungen, wie z. B. bei schwerem Asthma oder bei Kindern ist sie hilfreich.

2.5.2  Bestimmung des Atemwiderstandes mit Oszillations- oder Okklusionsverfahren

Die gerätetechnischen Anforderungen sind bei der Oszillations- und der Okklusionsmethode (ROSZ und ROCC) niedriger als bei der Ganzkörperplethysmographie.

Vorteile der mit diesen Verfahren bestimmten Atemwiderstände gegenüber der Spirometrie sind die weitgehende Unabhängigkeit der Ergebnisse von der Mitarbeit der Patienten sowie die Messung bei Ruheatmung. Die Methoden der Bestimmung des Atemwiderstandes werden daher als eine wertvolle Ergänzung angesehen, wenn eine Ganzkörperplethysmographie nicht zur Verfügung steht. Die Methode bedarf eines geschulten und kritischen Anwenders.

2.5.3 Blutgase

Die Bestimmung der Partialdrücke von Sauerstoff und Kohlenstoffdioxid ist zur Diagnosestellung eines Asthmas aus Sicht der Leitliniengruppe nicht hilfreich, jedoch in der Differentialdiagnostik bei akuter und chronischer Dyspnoe sowie zur Überwachung im schweren Asthmaanfall notwendig.

Besonderheiten bei Kindern (≤ 5 Jahre)

Für die Beurteilung der Auswirkungen einer schweren Obstruktion bei Säuglingen und Kleinkindern hat die Bestimmung der pulsoxymetrisch gemessenen Sauerstoffsättigung eine besondere Bedeutung.

2.5.4 Labordiagnostik

Empfehlungen/Statements

Empfehlungsgrad

2-11

Bei fehlendem Ansprechen auf die Therapie, häufigen Bronchialinfekten, Lungeninfiltraten oder bei schwerem Asthma sollte aus differentialdiagnostischen Gründen eine ergänzende Labordiagnostik erfolgen.

Abgeschwächte Empfehlung

In der systematischen Recherche wurde eine systematische Übersichtsarbeit identifiziert, die die diagnostische Genauigkeit der Messung von Eosinophilen und IgE im Blut als Surrogatparameter für die eosinophile Atemwegsentzündung untersuchte 25137. Die gepoolte Schätzung von Sensitivität bzw. Spezifität zur Detektion von Sputumeosinophilen > 3% ergab für die Eosinophilenzahl im Blut aus 14 Studien mit 2 405 erwachsenen Patienten 0,71 (95% KI 0,65; 0,76) bzw. 0,77 (95% KI 0,70; 0,83). Für die Bestimmung des IgE im Blut wurden durch das Poolen von 7 Studien mit 942 Erwachsenen eine Sensitivität von 0,64 (95% KI 0,42; 0,81) und eine Spezifität von 0,71 (95% KI 0,42; 0,89) errechnet 25137.

Eine von den Autoren ergänzend eingebrachte retrospektive Kohortenstudie (Sekundärdatenanalyse) von Price et al. 26138 errechnet eine Assoziation zwischen einer erhöhten Eosinophilenzahl (> 400/µl) und der Anzahl an Exazerbationen, einer verminderten Asthmakontrolle und dem Risiko für akute respiratorische Ereignisse, auch nach Adjustierung für Alter, BMI und Rauchstatus. Zu beachten ist jedoch, dass das Setzen eines niedrigeren Schwellenwertes die Assoziation in der Studie abgeschwächt hat 26138.

Eine In-vitro-Labordiagnostik ist bei Asthma nach Einschätzung der Leitliniengruppe im Regelfall nicht notwendig, unter den in Empfehlung 2-11 aufgezählten Umständen wird diese jedoch zur Differentialdiagnostik empfohlen. Geeignete Laborparameter sind C-reaktives Protein, Blutbild, Eosinophilenzahl im Differentialblutbild, Gesamt-IgE, spezifisches IgE und die Sputumbakteriologie. Die Bestimmung des Gesamt-IgE ist aus der klinischen Erfahrung der Leitliniengruppe für die Asthmadiagnose nicht beweisend, kann aber bei Werten über 100 kU/l auf eine allergische Genese des Asthmas und bei Werten > 1 000 kU/l und kompliziertem Verlauf auf eine andere Genese der Probleme, wie das Churg-Strauss-Syndrom oder die allergische bronchopulmonale Aspergillose, hinweisen.

2.5.5 Bildgebung

Hochwertige systematische Übersichtsarbeiten wurden in der Recherche zu dieser Fragestellung nicht gefunden. Eine Indikation für den routinemäßigen Einsatz sieht die Leitliniengruppe nicht. Eine bildgebende Diagnostik kann zur Differentialdiagnose bei Symptomen wie Husten, Auswurf und/oder Atemnot, bei atypischen Symptomen und bei diskrepanten Untersuchungsbefunden hilfreich sein.

2.6  Allergiediagnostik

2.6.1 Allergologische Stufendiagnostik

Empfehlungen/Statements

Empfehlungsgrad

2-12

Bei Patienten mit Verdacht auf allergisches Asthma (siehe Empfehlung 2-1) soll eine allergologische Stufendiagnostik durchgeführt werden.

Diese besteht aus:

  1. vertiefender Allergieanamnese einschließlich Berufsanamnese (ggf. Fragebogen);
  2. Nachweis der allergenspezifischen, Immunglobulin E (IgE) vermittelten Sensibilisierung mittels:
  • Prick-Hauttest und/oder
  • Bestimmung des spezifischen IgE;
  • ggf. allergenspezifischen Organprovokationstests.

Starke Empfehlung

Diese Empfehlung stellt einen Expertenkonsens dar. Die Formulierung wurde auf Basis der 2. Auflage der NVL Asthma modifiziert. Die systematische Recherche nach systematischen Übersichtsarbeiten erbrachte keine verwendbaren Suchergebnisse.

Die Allergieanamnese ist ein wichtiger Bestandteil der Asthmaanamnese in allen Altersgruppen. Oft genügen wenige Fragen, um die Möglichkeit einer allergischen Verursachung des Asthmas zu erkennen. Neben dem Erfassen der Familienanamnese gehören hierzu Fragen nach einem Zusammenhang der Symptome mit:

  • Jahreszeit;
  • Ort;
  • Tag-/Nachtrhythmus;
  • Sport und körperliche Belastung;
  • Allergenexposition (z. B. Haustiere, Hausstaub);
  • Arzneimitteln;
  • Beruf.

Neben Karenzversuchen eignet sich eine Allergietestung altersunabhängig, wenn sich der Verdacht auf eine allergische Ursache der Beschwerden ergibt.

2.6.2 Spezifische Provokationstests

Eine spezifische bronchiale Provokation ist zur Diagnose eines Asthmas erfahrungsgemäß im Allgemeinen nicht notwendig und nur bei besonderen Fragstellungen indiziert.

Spezifische bronchiale Provokationstests setzen allergologische Kenntnisse und wegen – insbesondere bei fehlerhafter Methodik – möglicher lebensbedrohlicher Komplikationen Erfahrungen in der Notfallbehandlung zwingend voraus. Alternativ sind nasale Provokationstests möglich.

Besonderheiten im Kindes- und Jugendalter

Im Kindes- und Jugendalter werden nasale Provokationen von Kinder- und Jugendärzten mit kinderpneumologischem oder allergologischem Schwerpunkt bzw. Zusatzweiterbildung oder von Fachärzten für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde durchgeführt. Bronchiale Provokationen mit Allergenen sind aus Sicht der Leitliniengruppe bei Kindern und Jugendlichen nicht indiziert.

2.7  Überprüfung der Diagnose

Empfehlungen/Statements

Empfehlungsgrad

2-13

Im Zweifel soll die Diagnose Asthma überprüft bzw. in Frage gestellt werden, insbesondere:

  • bei unzureichender Kontrolle trotz leitliniengerechter Therapie oder
  • nach einem mehrmonatigen Auslassversuch unter Berücksichtigung saisonaler Triggerfaktoren.

Starke Empfehlung

Zu dieser Empfehlung wurden in der systematischen Recherche keine hochwertigen systematischen Übersichtsarbeiten identifiziert.

Basierend auf guter klinischer Praxis ist die kritische Überprüfung der Diagnose vor allem in den in Empfehlung 2-13 genannten Situationen wichtig. Ziel ist die Vermeidung von Fehldiagnosen und einer Über- bzw. Fehlversorgung.

In einer von den Autoren ergänzend eingebrachten Kohortenstudie 26474, die nach dem Abschluss der systematischen Recherche erschienen ist, wurde die Diagnose bei 701 zufällig ausgewählten Patienten mit Asthma re-evaluiert. Bei 33,1% der Studienteilnehmer konnte die Diagnose nicht bestätigt werden. Als Erklärungsansätze diskutieren die Autoren der Studie einerseits ein Ausheilen der Erkrankung andererseits das Vorkommen von Fehldiagnosen. 26474

2.8  Differentialdiagnosen des Asthmas

Tabelle 3: Differentialdiagnosen | Erwachsene (modifiziert nach 25955)

Klinischer Hinweis

Mögliche Diagnose

Ohne Atemwegsobstruktion

Vorherrschend Husten ohne pathologische Veränderung der Lungenfunktion

Chronischer Husten, Pertussis, chronische Bronchitis, rezidivierende Lungenembolie, passagere postinfektiöse bronchiale Hyperreagibilität, Sarkoidose, Lungenstauung, habitueller Husten

Schwindel, Benommenheit, periphere Parästhesien

Dysfunktionale Atmung, z. B. Seufzerdyspnoe, überwiegend thorakale Exkursionen, Hyperventilationssyndrom

Vorherrschend nasale Symptome ohne pathologische Veränderung der Lungenfunktion

Rhinitis, akut rezidivierende/chronische Sinusitis, Postnasal-Drip-Syndrom

Haltungs- oder Nahrungsmittelabhängige Symptome, vorherrschend Husten

Gastro-ösophagealer Reflux (GÖR)

Orthopnoe, paroxysmale nächtliche Dyspnoe, periphere Ödeme, bestehende kardiale Erkrankung

Herzinsuffizienz

Knisterrasseln (Sklerosiphonie) in der Auskultation

Lungenfibrose

Mit Atemwegsobstruktion

Wesentliche Tabakrauchanamnese (d. h. > 30 Pack-years), Alter bei Einsetzen > 35 Jahre

COPD

Chronischer, produktiver Husten bei Fehlen von Giemen oder Kurzatmigkeit

Bronchiektasen, Fremdkörperaspiration, Bronchiolitis obliterans, Stenose der zentralen Atemwege, Lungenstauung mit Obstruktion, Mukoviszidose

Neubeginn bei Rauchern, systemische Symptome, Gewichtsverlust, Hämoptyse

Lungenkarzinom, Sarkoidose

Tabelle 4: Differentialdiagnosen | Kinder und Jugendliche (modifiziert nach 25955)

Klinischer Hinweis

Mögliche Diagnose

Anamnese

Symptome seit der Geburt, peripartal respiratorische Probleme

Cystische Fibrose (CF), Chronische Lungenerkrankung nach Frühgeburtlichkeit/Bronchopulmonale Dysplasie, Primäre ziliäre Dysfunktion (PCD), Angeborene Lungenfehlbildung

Familienanamnese mit pulmonalen Erkrankungen

CF, Neuromuskuläre Erkrankungen, Immundefekt, PCD

Akutes Auftreten ohne vorherige Probleme

Akute Fremdkörperaspiration

Symptome

Fieber, obere Atemwegssymptom

Akuter respiratorischer Infekt (Bronchitis, Bronchiolitis, Bronchopneumonie)

Produktiver Husten

CF, PCD, Bronchiektasen, Protrahierte bakterielle Bronchitis, rezidivierende Aspirationen, Immundefekt, chronische Fremdkörperaspiration

Nächtliche Symptome, verstärkte Spuckneigung

Obere Atemwegsprobleme, pathologischer gastro-ösophagealer Reflux (GÖR) mit rezidivierenden Aspirationen

Anfallartiger Husten

Pertussis/postinfektiöse Hyperreagibilität, Dysphagie, Schluckstörung, habitueller Husten

Kurzatmigkeit mit Schwindel, Kribbelparaesthesien

Dysfunktionale Atmung, z. B. überwiegend thorakale Atemexkursionen, Hyperventilation

In- und/oder exspiratorischer Stridor

Angeborene Fehlbildung (Stenose oder Malazie im Bereich der großen Atemwege), Laryngitis, Tracheitis, laryngeale Obstruktion, VCD

Abnorme Stimme, Heiserkeit

Laryngeales Problem, pathologischer GÖR

Lokalisierte thorakale Befunde

Angeborene Fehlbildung, Postinfektiöse Veränderungen, Tuberkulose

Trommelschlegelfinger

CF, Interstitielle Lungenerkrankung, Bronchiolitis obliterans

Gedeihstörung

CF, Immundefekt, pathologischer GÖR, Interstitielle Lungenerkrankung

Untersuchungsbefunde

Lokalisierte radiologische Veränderungen

Angeborene Fehlbildung, CF, post-infektiöse Veränderungen, Fremdkörperaspiration, rezidivierende Aspirationen bei Schluckstörung oder GÖR, Bronchiektasen, Tuberkulose

2.9  Asthma bei älteren Patienten

Zu den Besonderheiten in der Diagnostik des Asthmas bei älteren Patienten wurden in der systematischen Recherche keine hochwertigen systematischen Übersichtsarbeiten gefunden.

Die Leitliniengruppe betont, dass sowohl die Diagnostik als auch die Therapie des Asthmas bei älteren Menschen besonderer Aufmerksamkeit bedürfen. Die Diagnose kann unter anderem durch die Existenz von Komorbiditäten, die verminderte Symptomwahrnehmung oder die Akzeptanz der Atemnot als Alterserscheinung erschwert sein 26435. Die geltenden Referenzwerte spirometrischer Untersuchungen können der S2k-Leitlinie Spirometrie (www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/020-017.html) entnommen werden 25953. In der Behandlung des Asthmas sind vor allem Komorbiditäten aber auch Wechselwirkungen der empfohlenen Medikamente von besonderer Bedeutung. Zu beachten ist die S2e-Leitlinie "Hausärztliche Leitlinie: Multimedikation" (www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/053-043.html) 26473.

2.10 Asthma-COPD-Overlap

Die Abgrenzung des Asthmas von der COPD und die Überlappung beider Erkrankungen stellen ein versorgungsrelevantes Problem dar. Es bedarf einer differenzierten Diagnosestellung und Therapieoptimierung, um eine Fehlversorgung der betroffenen Patienten zu vermeiden.

In der systematischen Recherche wurde eine systematische Übersichtsarbeit 25044 identifiziert, die die Prävalenz des Asthma-COPD-Overlap (ACO) bei COPD-Patienten auf Basis von 13 Beobachtungsstudien auf 27% (95% KI 0,16; 0,38) schätzt. Patienten mit ACO waren im Vergleich zu Patienten mit COPD jünger 25044.

Die Autoren der GINA 2017 26435 sind der Auffassung, dass es sich bei Asthma-COPD-Overlap (ACO) nicht um eine eigene Krankheitsentität, sondern um eine Vielzahl verschiedener Phänotypen handelt. Die Verwendung des Begriffes Syndrom wird daher nicht mehr empfohlen. Charakteristisch sei eine Atemwegsobstruktion, die sowohl mit Merkmalen des Asthmas als auch der COPD assoziiert sei. Eine genaue Definition könne zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht formuliert werden. Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie formuliert die GINA 2017 auf Basis eines Expertenkonsens. 26435

Tabelle 5: Abgrenzung von Asthma und COPD (modifiziert nach 27665)

Typische Merkmale

Asthma

COPD

Alter bei Erstdiagnose

häufig: Kindheit, Jugend

meist nicht vor der 6. Lebensdekade

Tabakrauchen

kein direkter Kausalzusammenhang; Verschlechterung durch Tabakrauch möglich

typisch

Hauptbeschwerden

anfallartig auftretende Atemnot

Atemnot bei Belastung

Verlauf

variabel, episodisch

meist progredient

Allergie

häufig

kein direkter Kausalzusammenhang

Atemwegsobstruktion

variabel, reversibel, oft aktuell nicht vorhanden

immer nachweisbar

FeNO

oft erhöht

normal bis niedrig

Bluteosinophilie

häufig erhöht

meist normal

Reversibilität der Obstruktion

oft voll reversibel

nie voll reversibel

Bronchiale Hyperreagibilität

meist vorhanden

selten

Ansprechen der Obstruktion auf Corticosteroide

regelhaft vorhanden

selten

2.11 Klassifikation des Asthmas: Asthmakontrolle

Empfehlungen/Statements

Empfehlungsgrad

2-14

Als Grundlage der Therapie(-anpassung) ist die Beurteilung der Asthmakontrolle maßgeblich. Sie beruht auf klinisch leicht zu erfassenden Parametern.

Es werden drei Grade der Asthmakontrolle definiert:

  • kontrolliertes Asthma;
  • teilweise kontrolliertes Asthma;
  • unkontrolliertes Asthma.

(siehe Abbildung 2 und Abbildung 3)

Statement

2-15

Der Grad der Asthmakontrolle soll in regelmäßigen Abständen überprüft werden, um festzustellen, ob die Therapieziele erreicht werden und eine Anpassung der Therapie (Intensivierung/Reduktion) indiziert ist.

Starke Empfehlung

Die Klassifikation des Asthmas wird durch die Graduierung der Asthmakontrolle abgebildet. Sie eignet sich zur Therapieinitiierung (siehe Kapitel 4.7 Initiierung der Langzeittherapie) und zu deren Anpassung (Kapitel 4.5 Orientierung der Stufentherapie an der Asthmakontrolle). Grundlage des überarbeiteten Konzeptes der Asthmakontrolle sind die Aussagen der GINA 2017 26435 sowie die Einschätzung und klinische Erfahrung der Leitliniengruppe. Gestützt wird die Einteilung durch die Überlegung, dass in vielen der identifizierten systematischen Übersichtsarbeiten die Asthmakontrolle als Ausgangspunkt für eine Veränderung der Therapie genutzt oder als Endpunkt für die Wirksamkeit einer Intervention betrachtet wird (wie z. B. 25901, 25784, 25388, 25039).

Daraus folgt, dass die Schweregradeinteilung des Asthmas keinen Stellenwert mehr in der Diagnostik hat. Auch für die initiale Festlegung der Therapiestufe gemäß Stufenschema sind das Therapieansprechen und damit die Asthmakontrolle führend. Es besteht zudem die Gefahr, dass das flexiblere und an die jeweilige Situation angepasste Konzept der Asthmakontrolle durch die Schweregradeinteilung überlagert wird und Patienten mit gut kontrollierbarem Asthma über den Schweregrad stigmatisiert werden. Die in der internationalen Leitlinie GINA aus dem Jahr 2017 formulierte schwache Empfehlung zur Nutzung der Schweregradeinteilung für die retrospektive Einschätzung des bisherigen Managements der behandelten Personen 26435 sehen die Autoren der NVL als nicht hilfreich für die Therapieanpassung.

Die Häufigkeit der Überprüfung des Grades der Asthmakontrolle richtet sich nach dem individuellen Krankheitsverlauf der Patienten.

Abbildung 2: Grade der Asthmakontrolle | Erwachsene (modifiziert nach 26435 und 27665)

Grade der Asthmakontrolle | Erwachsene

Gut kontrolliert

Teilweise kontrolliert

Unkontrolliert

Symptomkontrolle

Hatte der Patient in den letzten 4 Wochen:

□  Häufiger als zweimal in der Woche tagsüber Symptome.

□  Nächtliches Erwachen durch Asthma.

□  Gebrauch von Bedarfsmedikation für Symptome1,2 häufiger als zweimal in der Woche.

□  Aktivitätseinschränkung durch Asthma.

Kein Kriterium erfüllt

1-2 Kriterien erfüllt

3-4 Kriterien erfüllt

Beurteilung des Risikos für eine zukünftige Verschlechterung des Asthmas

Erhebung von:

- Lungenfunktion (Vorliegen einer Atemwegsobstruktion)

- Anzahl stattgehabter Exazerbationen (keine / ≥1x im Jahr / in der aktuellen Woche)

1 Ausgeschlossen ist Bedarfsmedikation, die vor sportlicher Aktivität angewandt wurde (siehe Empfehlung 5-3)

2 Dieses Kriterium ist nicht bei Patienten in Stufe 2 anwendbar, die ausschließlich die Fixkombination (ICS niedrigdosiert + Formoterol) bedarfsorientiert anwenden: Es gilt als erfüllt, wenn die Fixkombination häufiger als viermal pro Woche angewandt wird oder die empfohlene Tageshöchstdosis des Formoterol überschritten wird.

Abbildung 3: Grade der Asthmakontrolle | Kinder und Jugendliche (modifiziert nach 26435 und 27665)

Grade der Asthmakontrolle | Kinder und Jugendliche

Gut kontrolliert

Teilweise kontrolliert

Unkontrolliert

Symptomkontrolle

Hatte der Patient in den letzten 4 Wochen:

□  Symptome tagsüber.

□  Nächtliches Erwachen durch Asthma.

□  Gebrauch von Bedarfsmedikation1.

□  Aktivitätseinschränkung durch Asthma.

Kein Kriterium erfüllt

1-2 Kriterien erfüllt

3-4 Kriterien erfüllt

Beurteilung des Risikos für eine zukünftige Verschlechterung des Asthmas

Erhebung von:

- Lungenfunktion (Vorliegen einer Atemwegsobstruktion)

- Anzahl stattgehabter Exazerbationen (keine / ≥1x im Jahr / in der aktuellen Woche)

1 Bei Patienten ab 12 Jahren, die in Stufe 2 ausschließlich die Fixkombination (ICS niedrigdosiert und Formoterol) bedarfsweise anwenden, ist das Kriterium nicht anwendbar: Bei gut kontrolliertem Asthma wird die Fixkombination nicht häufiger als zweimal pro Woche angewandt.

Als Unterstützung zur Erfassung der Grade der Asthmakontrolle dienen die Abbildung 2 und die Abbildung 3. Sie wurden auf Basis der Aussagen der GINA 2017 und der S2k-Leitlinie Diagnostik und Therapie von Patienten mit Asthma modifiziert 26435, 27665.

Die GINA 2017 26435 unterscheidet zwei Domänen der Asthmakontrolle – die Symptomkontrolle und das Risiko für eine zukünftige Verschlechterung des Asthmas. Die Erfassung des Risikos für eine zukünftige Verschlechterung des Asthmas ist sehr ausführlich dargestellt 26435.

Die Leitliniengruppe der NVL Asthma sieht in der Symptomkontrolle ein zentrales Kriterium zur Erfassung der Asthmakontrolle. Darüber hinaus ist aber auch die Beurteilung des Risikos für eine zukünftige Verschlechterung des Asthmas wichtig. So wird der Überlegung Rechnung getragen, dass Patienten trotz kontrollierter Symptome unter Umständen ein erhöhtes Risiko für zukünftige Exazerbationen aufweisen können.

Im Versorgungsalltag erachtet die Leitliniengruppe die Anwendung der vielen Kriterien der GINA 2017 26435 jedoch als schwer umsetzbar. Daher wird empfohlen, sich für die Erfassung des Risikos für eine zukünftige Verschlechterung des Asthmas auf die Erhebung der Lungenfunktion und die Anzahl stattgehabter Exazerbationen zu fokussieren. Die Zusammenschau dieser Ergebnisse mit der Symptomkontrolle ermöglicht die Beurteilung des Grades der Asthmakontrolle.

Weitere potentiell beeinflussbare Risikofaktoren für eine zukünftige Verschlechterung des Asthmas, die zusätzlich im Assessment der GINA erfasst werden 26435, werden in den verschiedenen Kapiteln der NVL Asthma adressiert (siehe Kapitel 6.5 Tabakentwöhnung, 6.6 Psychosoziale Aspekte und 6.7 Kontrolle des Körpergewichtes).

Bei der Einschätzung der Asthmakontrolle anhand der Häufigkeit der Bedarfsmedikation stellen Patienten eine Besonderheit dar, die in Stufe 2 ausschließlich bedarfsorientiert die Fixkombination aus ICS niedrigdosiert und Formoterol als neue Form der Langzeittherapie erhalten (siehe auch Kapitel 4.8.1.2 Fixkombination aus ICS niedrigdosiert und Formoterol: bedarfsorientiert). Bei Erwachsenen schätzt die Leitliniengruppe auf Basis ihrer klinischen Erfahrung und der Subgruppenauswertungen der eingeschlossenen Primärstudien 28091, 28092 das Kriterium als problematisch ein, wenn die Fixkombination häufiger als viermal pro Woche angewandt wird. Bei Jugendlichen schätzen sie es in Stufe 2 als kontrolliert ein, solange die Fixkombination nicht häufiger als zweimal pro Woche inhaliert wird.

Der Asthma-Kontroll-Test (ACT) und der Asthma-Kontroll-Fragbogen (ACQ) bieten z. B. ebenfalls die Möglichkeit, die Asthmakontrolle im klinischen Alltag zu prüfen. Eine in der systematischen Recherche identifizierte systematische Übersichtsarbeit untersucht die diagnostische Genauigkeit des ACT und des ACQ 25778. Die Autoren des systematischen Reviews schlussfolgerten anhand der Berechnung der Sensitivität, Spezifität und der diagnostischen Odds Ratio, dass der ACT dem ACQ in der klinischen Praxis überlegen war. Beide Instrumente seien jedoch nicht geeignet, um unkontrolliertes Asthma zu identifizieren 25778. Die Leitliniengruppe weist zudem darauf hin, dass die Interpretation der Ergebnisse bei höherem Alter oder Vorhandensein von Komorbiditäten eingeschränkt sein kann.

Besonderheiten bei Kindern und Jugendlichen

Eine Besonderheit der Graduierung der Asthmakontrolle in der NVL Asthma ist die von der GINA 2017 abweichende Alterseinteilung 26435. Bei Kindern und Jugendlichen wird jegliches Vorhandensein von Symptomen tagsüber bzw. jeglicher Einsatz einer Bedarfsmedikation in einer beliebigen Woche von der Leitliniengruppe der NVL Asthma bereits als Hinweis für eine Verminderung der Symptomkontrolle angesehen.

In der GINA 2017 werden Kinder ab einem Alter von 6 Jahren, Jugendliche und Erwachsene gemeinsam betrachtet. Asthmasymptome dürfen bis zu zweimal in der Woche auftreten bzw. die Bedarfsmedikation bis zu zweimal in der Woche angewandt werden, bevor eine Einschränkung der Symptomkontrolle gesehen wird 26435.

Diese leichte Abwandlung trägt dem Umstand Rechnung, dass die GINA einen internationalen Geltungsbereich mit teilweise anderen sozioökonomischen Verhältnissen und Versorgungsstandards als Deutschland aufweist.

2.12 Monitoring

Empfehlungen/Statements

Empfehlungsgrad

2-16

Bei jeder Verlaufskontrolle sollen folgende Parameter erhoben werden:

  • Asthmasymptome tagsüber;
  • Asthmasymptome bei körperlicher Belastung;
  • nächtliches Erwachen aufgrund von Symptomen;
  • Häufigkeit des Einsatzes von Bedarfsmedikation;
  • Einschränkungen der Aktivitäten des Alltags;
  • Therapieadhärenz;
  • Inhalationstechnik;
  • Häufigkeit des Auftretens und Auslöser von Exazerbationen;
  • Wirksamkeit und Verträglichkeit der medikamentösen Therapie.

Starke Empfehlung

Die Empfehlung 2-16 basiert auf einer Extrapolation systematischer Übersichtsarbeiten, die den Step-down der Asthmatherapie untersuchten. In diesen wurden hauptsächlich die Symptome (tagsüber und nachts), die Exazerbationen und die unerwünschten Wirkungen evaluiert 25039, 25106, 25358, 25777.

Weitere Parameter wurden gemäß guter klinischer Praxis ergänzt. Unter der Annahme, dass die detaillierte Erinnerung des Patienten an seine Symptome mit der Zeit abnimmt, erachtet die Leitliniengruppe es als sinnvoll, die Angaben auf eine beliebige Woche innerhalb der letzten vier Wochen zu beziehen.

Neben der Häufigkeit von Exazerbationen dient das Erfragen von Geschwindigkeit des Auftretens, der Schwere und der Auslöser von Exazerbationen dazu, letztere gezielt zu vermeiden bzw. zu behandeln (siehe Empfehlung 2-1).

Der Evaluation der Therapieadhärenz und Inhalationstechnik (siehe Kapitel 4.11 Inhalationssysteme) kommt besondere Bedeutung zu, um einerseits Handhabungsfehler und andererseits Hürden in der Umsetzung von Therapievereinbarungen zu identifizieren und so andere, therapierelevante Ursachen des fehlenden Therapieansprechens auszuschließen.

Das Erfragen von unerwünschten Medikamentenwirkungen ist ebenfalls wichtig, um die Therapie entsprechend anzupassen. Gleichwohl gilt es abzuwägen, ob dies die Adhärenz der Patienten, die sehr ängstlich in Bezug auf Nebenwirkungen sind, beeinträchtigt – hier können im Einzelfall auch längere Zeitintervalle angebracht sein.

2.12.1 Monitoring der Lungenfunktion

2.12.1.1 Spirometrie

Die Leitliniengruppe wertet die Spirometrie als geeignetes Verfahren zur Verlaufsbeurteilung des Asthmas und verweist zur Durchführung auf die S2k-Leitlinie Spirometrie (www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/020-017.html) 25953. Hochwertige systematische Übersichtsarbeiten zur Anwendung der Spirometrie in der Therapiebeurteilung wurden in der systematischen Recherche nicht identifiziert.

2.12.1.2 Peak-Flow-Messung

Empfehlungen/Statements

Empfehlungsgrad

2-17

Bei Patienten mit Asthma, die eine Unterweisung in ein geeignetes Gerät erhalten haben, kann die PEF-Messung für das Monitoring und zur Verbesserung der Selbsteinschätzung empfohlen werden.

Offene Empfehlung

In der systematischen Literaturrecherche konnten keine hochwertigen systematischen Übersichtsarbeiten zu dieser Fragestellung identifiziert werden.

Erfahrungsgemäß können insbesondere Patienten, die eine herabgesetzte Empfindung der Asthmasymptome oder eine mangelnde Selbsteinschätzung hinsichtlich des Exazerbationsrisikos aufweisen, von der regelmäßigen PEF-Messung profitieren. Voraussetzung für die sachgemäße Durchführung und Interpretation ist eine vorherige Schulungsmaßnahme (siehe Kapitel 6.2 Schulung).

2.12.1.3 Tests zur bronchialen Hyperreagibilität

Auf Basis der klinischen Erfahrung ist die Messung der bronchialen Hyperreagibilität auch in der Verlaufsbeobachtung zweckmäßig. Dies gilt insbesondere für die Verlaufsuntersuchung bei infektassoziierter Hyperreagibilität.

2.12.1.4 Fraktion des exhalierten Stickstoffmonoxids (FeNO)

Empfehlungen/Statements

Empfehlungsgrad

2-18

Das Monitoring mittels repetitiver FeNO-Messung kann bei Patienten mit häufigen Exazerbationen eingesetzt werden, um durch Therapieanpassung weitere Exazerbationen zu reduzieren.

Offene Empfehlung

In der systematischen Recherche wurden ein HTA-Bericht 25115 und ein Cochrane-Review 25915 identifiziert, deren Suchzeiträume weit zurücklagen. Eine Aktualisierung der Recherche erbrachte zwei weitere Cochrane-Reviews, die hauptsächlich für die der Formulierung der Empfehlung herangezogen wurden 26002, 26429.

Der Cochrane-Review von Petsky et al. 26002 aus dem Jahr 2016 betrachtete erwachsene Patienten. In der Interventionsgruppe erfolgte das Asthmamanagement FeNO-gesteuert. In der Kontrollgruppe waren ein symptom- und/oder leitlinienbasiertes Management möglich. Die Auswertung ergab, dass die Anzahl der Patienten mit einer oder mehr Exazerbationen in der Interventionsgruppe (FeNO-gesteuert) geringer war, als in der Kontrollgruppe (21% vs. 28%, NNTB über 52 Wochen 12 (95% KI 8; 32); OR 0,60 (95% KI 0,43; 0,84); I² = 13%, 5 RCTs, n = 1 005, Datenqualität moderat). Weder die Lebensqualität noch die Symptome wiesen eine signifikante Verbesserung auf. 26002

Ein weiterer Cochrane-Review zur Wirksamkeit des Therapiemanagements mittels FeNO bei Kindern und Jugendlichen 26429 berechnete in der Interventionsgruppe eine signifikant niedrigere Anzahl von Patienten mit einer oder mehr Exazerbationen (28% vs. 40%, NNTB über 52 Wochen 9 (95% KI 6; 15); OR 0,58 (95% KI 0,45; 0,75); I² = 7%, 8 RCTs, n = 1 279, Datenqualität moderat) sowie ein geringeres Risiko für Exazerbationen, die eine Behandlung mit OCS benötigen (OR 0,63 (95% KI 0,48; 0,83); I² = 0%, 7 RCTs, n = 1 169). Exazerbationen, die Hospitalisierungen erforderten, und Symptome unterschieden sich nicht signifikant zwischen den Gruppen. 26429

Ein nach dem Rechercheende veröffentlichter systematischer Review 28036 untersuchte die klinische Anwendbarkeit von FeNO hinsichtlich des Monitorings der Krankheitsaktivität und des Ansprechens auf die antiasthmatische Therapie. Bei Kindern und Erwachsenen sind die FeNO-Werte nur schwach mit der Asthmakontrolle und dem Risiko für stattgehabte oder zukünftige Exazerbationen assoziiert. Die FeNO-Werte waren reduziert, wenn Patienten ICS, Leukotrienrezeptorantagonisten (LTRA) oder Omalizumab erhielten, nicht jedoch bei der Anwendung von langwirkenden Beta-2-Sympathomimetika (LABA). Die Auswertungen erfolgten narrativ, da die Ergebnisse aufgrund der Heterogenität der eingeschlossenen Studien nicht gepoolt werden konnten. 28036

Da das Monitoring mittels FeNO in den vorliegenden Studien nur einige Endpunkte positiv beeinflussen konnte und die Datenqualität moderat bis niedrig war, spricht die Leitliniengruppe eine offene Empfehlung aus. Sie schätzt, dass vor allem Patienten mit wiederholten Exazerbationen von einem Monitoring mittels FeNO profitieren können und empfiehlt die FeNO-Bestimmung bei Erwachsenen vor der Initiierung der Therapie mit Dupilumab (siehe Empfehlung 4-36). Aus der klinischen Erfahrung der Leitliniengruppe kann das Monitoring mittels FeNO dazu beitragen, die Adhärenz der Patienten zu fördern.

2.12.2 Frequenz der Untersuchungen

Auf eine Festlegung genauer Frequenzen für durchzuführende Untersuchungen verzichtet die Leitliniengruppe bewusst. Sie ergeben sich aus dem Krankheitsverlauf und der Einschätzung der Notwendigkeit durch den behandelnden Arzt. Die Anpassung der Therapie an die Asthmakontrolle wird in den Kapiteln 2.11 Klassifikation des Asthmas: Asthmakontrolle und 4.5 Orientierung der Stufentherapie an der Asthmakontrolle thematisiert.

NVL Asthma, 4. Auflage, 2020. Version 1

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